Der Kurze Olaf
Der Aufstieg einer Vision – oder wie man aus Luftschlössern Bauruinen macht
Es war einmal, im kühlen, hanseatischen Nebel von Hamburg, da wollte ein kleiner Mann mit großen Ambitionen ein noch größeres Denkmal errichten – Olaf Scholz, seines Zeichens damaliger Bürgermeister, später Bundeskanzler und stets bekennender Fan von Dingen, die „funktionieren müssen“. Und so kam es, dass der Plan für den Elbtower aus dem Nichts hervorgeschossen wurde wie ein schlecht geplanter Fahrstuhl in einem halbfertigen Hochhaus.
„Hamburg braucht ein Wahrzeichen!“, rief Scholz in die Mikrofone, während er bereits mit glänzenden Augen an der Presse vorbei auf ein maßstabsgetreues 3D-Modell des Turms zeigte – eine abstrakte Mischung aus Zahnstochern, Glaspalast und Größenwahn. Das Modell wackelte bereits bedenklich.
Denn, wie sich bald herausstellen sollte, war das Fundament nicht nur im übertragenen Sinne bröckelig.
Die Investoren kommen – oder: Geld stinkt nicht, aber es löst sich in Luft auf
Als Olaf Scholz noch Hamburger Bürgermeister war, träumte er vom „Manhattan an der Elbe“. Und tatsächlich: Kaum war die Idee öffentlich, scharrten bereits dubiose Investoren mit Schweizer Akzent, Briefkastenfirmen aus Luxemburg und Baukonzerne mit verdächtig wenigen Google-Bewertungen an der Startlinie. Es wurde getuschelt, dass selbst ein windiger Ölprinz aus Aserbaidschan Interesse gezeigt hätte – rein aus Kulturförderungsgründen, versteht sich.
Der Zuschlag ging schließlich an eine Investmentfirma, deren Name wahlweise wie ein Möbelhaus oder ein Pharmaunternehmen klang – auf jeden Fall irgendwas mit „Vision“, „Global“ oder „Capital“. Man versprach eine Finanzierung „ohne Steuergelder“, was im Hamburger Amtsdeutsch bedeutet: Wir zahlen erstmal nicht, aber ihr dürft später aushelfen, wenn’s brennt. Und es brannte. Bald.
Pfusch am Bau – Das Elend in Etagen
Die Baustelle wurde eröffnet mit großem Tamtam, Blasmusik und dem ersten Spatenstich, den Olaf Scholz persönlich setzte. Dabei soll er den Helm vergessen haben – ein schlechtes Omen. Innerhalb weniger Monate wurde der Elbtower zur wohl prominentesten Pfütze der Stadt.
Zuerst fiel auf, dass das Fundament wegen „Planungsfehlern“ nicht auf tragfähigem Boden stand – was bei einem Gebäude dieser Größenordnung eher unvorteilhaft ist. Dann platzten die Glasfassaden wie Blasen im Spekulantenmarkt, die Betonplatten waren von der Sorte „Made in Tschechien, aber bitte nicht fragen wo genau“, und in der Baugrube nistete ein Biberpärchen, das über bessere Statik verfügte als das ganze Projekt.
Die Arbeiter klagten über mangelhafte Sicherheitsvorkehrungen, die Bauleitung war ein Karussell aus Subunternehmern, und irgendwann wurde die Baustelle so chaotisch, dass das Bezirksamt lieber keine Kontrollen mehr durchführte – aus Selbstschutz.
Der kurze Olaf – Der Turm, der nicht hochkam
Als der Rohbau bei mickrigen 18 von geplanten 64 Stockwerken stehen blieb, tauchte der Name „der kurze Olaf“ zum ersten Mal in der Presse auf. Ein kleiner Seitenhieb, der schnell zur Hamburger Alltagsironie wurde. Die Metapher saß.
Die Schlagzeilen überschlugen sich: „Elbtower: Vom Leuchtturm zum Leckturm“, „Milliardengrab mit Elbblick“, „Scholz’s Schatten ragt über die Hafencity – aber nicht sehr weit“
Auf dem Bau wurde der Kaffee inzwischen aus dem ToiToi-Wagen serviert, weil die Kantine nach einem Kabelbrand geschlossen werden musste. Die Investoren tauchten unter, Olaf Scholz hingegen tauchte lieber nicht auf. Als man ihn im Bundestag auf das Projekt ansprach, reagierte er wie gewohnt mit einem schuldbewussten „Daran kann ich mich nicht erinnern.“
Wenn der Turm die Züge aufhält – Der Bau als Infrastrukturkatastrophe
Die Krönung jedoch: Der unfertige Elbtower fing an, den Bahnverkehr zu beeinflussen. Denn die Baugrube, mittlerweile ein tiefer See aus rostigem Wasser und leerem Hoffnungsglanz, hatte eine eigene tektonische Dynamik entwickelt. Sensoren der Deutschen Bahn meldeten „mikroseismische Aktivitäten“, ausgelöst durch vibrierende Betonpumpen und zitternde Stahlgerüste. Die nahegelegene S-Bahn musste umgeleitet werden.
Züge verspäten sich, weil der kurze Olaf zu sehr wackelt, wenn es windet. Ein ICE musste evakuiert werden, nachdem ein loses Bauteil – vermutlich ein Reststück aus der Elbphilharmonie – auf die Oberleitung gefallen war.
Mittlerweile war der Turm weniger Wahrzeichen als Mahnmal – ein urbanes Denkmal für überzogene Ambitionen, politische Eitelkeit und finanzielle Nebelkerzen.
Endstation Denkmal – Der Turm als Ruine für Generationen
Heute steht der Elbtower da wie ein geplatzter Traum aus Stahl und Spucke. Touristen machen Selfies davor, Hamburger schütteln den Kopf und sagen Sätze wie „War klar“ oder „Noch so ’ne Scholz-Baustelle“.
Es wird diskutiert, ob man den Turm nicht einfach als Mahnmal stehen lassen sollte – vielleicht mit einer Bronzestatue von Olaf Scholz davor, der mit einem leeren Aktenordner in der Hand auf das marode Konstrukt zeigt, während sein Blick in eine ferne Zukunft schweift, in der alles „endlich mal funktioniert“.
Andere fordern den Abriss – aber niemand weiß, wer dafür zahlt. Wahrscheinlich am Ende der Steuerzahler. Also alle. Wieder mal.
Der kurze Olaf bleibt stehen – aber nicht lange
Man sagt, in Hamburg könne man den kurzen Olaf aus jedem Winkel der Stadt sehen – nicht, weil er so hoch ist, sondern weil man sich so sehr für ihn schämt. Er ist ein Symbol geworden: Für schlechte Stadtplanung, politische Hybris, neoliberale Investorenfantasien und das Scheitern in Zeitlupe.
Und so steht er da – der Elbtower, der nie einer war. Der kurze Olaf.
Ein Turm, wie ein Kanzler: irgendwie da, aber keiner weiß, warum eigentlich.